Es ist einer der wesentlichen Gründe, warum bayrisches und deutsches Bier im In- und Ausland so beliebt ist. Und es ist gleichzeitig das älteste noch gültige Lebensmittel- bzw. Verbraucherschutzgesetz der Welt. Das Reinheitsgebot von 1516. Heute feiert es seinen 500. Geburtstag.
Überblick
Einen guten Überblick gibt der folgende kurze Film des Deutschen Brauer-Bundes.
Vor langer, langer Zeit …
Im Mittelalter war Bier ein Grundnahrungsmittel der Bevölkerung und Mönche und Nonnen Meister der Braukunst. Das verwundert kaum, da sie während der 40-tägigen Fastenzeit nicht essen, dafür aber Bier trinken durften. Aus diesem Grund wird Bier oft auch als „flüssiges Brot“ bezeichnet.
Außerhalb der Klostermauern konnte bzw. wollte man beim Brauen nicht immer auf qualitativ hochwertige Zutaten zurückgreifen und so wurde alles Mögliche ins Bier gemischt. Das führte bei den Biertrinkern bisweilen zu Unwohlsein und im schlimmsten Fall sogar zum Tod. Das zwang die Landesfürsten dazu, den Herstellungsprozess zu reglementieren, um damit ihre Untertanen zu beschützen. Die entsprechenden Regelungen waren aber meist geografisch beschränkt. Diese Vorläufer des Reinheitsgebots gab es bereits 1156 in Augsburg, 1305 in Nürnberg und 1363 in München.
Das Reinheitsgebot von 1516
Erst 1516 wurde eine Vorschrift erlassen, die zunächst für ganz Bayern und später sogar darüber hinaus gelten sollte. Am 23. April 1516 verkündete der bayrische Herzog Wilhelm IV. zusammen mit seinem Bruder Herzog Ludwig X. in Ingolstadt die Zeilen, die später als Bayerisches Reinheitsgebot in die Geschichte eingehen sollte.
Das Bayerische Reinheitsgebot forderte, dass …
… zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.
Es verfolgte dabei vor allem drei Ziele:
- Den Bierpreis festzulegen und überzogene Preisentwicklungen zu vermeiden.
- Die Gerste als Zutat zu bevorzugen und gleichzeitig den Weizen aus der Bierproduktion auszuschließen, um ihn für die Herstellung von Brot einsetzen zu können.
- Minderwertige oder gar giftige Zutaten zu verbieten, um die Biertrinker zu schützen.
Die Hefe wurde übrigens erst später ergänzt, da man zu diesem Zeitpunkt deren Auswirkung auf das Bier noch nicht genau kannte.
Die Verkündung des Bayerischen Reinheitsgebots markierte Höhepunkt und Abschluss einer jahrhundertelangen, rechtlichen Entwicklung. Mit der Ausweitung des bayrischen Herrschaftsraumes, verbreitete sich auch das Reinheitsgebot und gewann zunehmend an Bedeutung.
Reinheit in Bayern und in Deutschland
Bayern nimmt innerhalb von Deutschland oft und gerne eine Sonderrolle ein. Da macht auch das Reinheitsgebot keine Ausnahme. Das Bayerische Reinheitsgebot ist älter als das so genannte Deutsche Reinheitsgebot. Letzteres wurde erst 1906 gesetzlich verankert, gilt aber seitdem ohne Unterbrechung für ganz Deutschland. Ferner verbietet das Bayerische Reinheitsgebot die Verwendung von Malzsurrogaten und die Zugabe von Zucker. Somit ist es strenger als das Deutsche Reinheitsgebot.
Das Reinheitsgebot und die Europäische Union
Bier ist Teil des „kulturellen Erbe Europas“ und sowohl „Bayerisches Bier“ als auch „Münchner Bier“ sind „geschützte geografische Angaben (ggA)“. Deren Besonderheit stützt sich vor allem auf die Herstellung nach dem Reinheitsgebot. Darüber hinaus hat die Europäische Union dem deutschen, nach dem Reinheitsgebot gebrauten Bier den besonderen Rang eines geschützten „traditionellen Lebensmittels“ verliehen. Dieser Meilenstein wird seit 1994 alljährlich am 23. April mit dem Tag des deutschen Bieres gefeiert.
Bis in die 1980er Jahre durften Biere aus dem Ausland nur dann in Deutschland verkauft werden, wenn Sie nach dem Reinheitsgebot gebraut wurden. Das änderte sich jedoch 1987 als einer Klage am Europäischen Gerichtshof stattgegeben wurde. Seitdem dürfen in Deutschland auch Biere verkauft werden, die nicht nur Hopfen, Malz, Hefe und Wasser enthalten. Deutsche Brauer sind aber nach wie vor gehalten, nach dem Reinheitsgebot zu brauen. Und das machen Sie gerne, auch wenn es den Brauprozess deutlich aufwendiger und anspruchsvoller macht. Schließlich sind sie traditionsbewusst und die Ergebnisse ihrer Arbeit echte Exportschlager.
Reinheitsgebot oder Einheitsgebot?
In Zeiten exotischer Bierkreationen, Craft Beer und Mikrobrauereien mag man meinen, dass das Reinheitsgebot langweilig, einschränkend und innovationshemmend ist. Bedenkt man allerdings, dass es über 100 Hopfensorten, 40 Malzsorten und 200 Hefestämme gibt, kommt man auf nahezu eine Million unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten. Und dabei ist die Vielfalt des Wassers noch gar nicht mit eingerechnet.
Wir können auf die Erfahrung und die Experimentierfreudigkeit der Brauer in den über 1.300 Brauereien in Deutschland vertrauen. Sie versorgen uns heute mit so viel unterschiedlichen Bieren, dass man 15 Jahre lang, jeden Tag ein anderes Bier trinken kann. Und jedes dieser Biere ist nur mit den Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser gebraut.
Und die Deutschen stehen zu ihrem Reinheitsgebot. So bestätigte eine Forsa-Umfrage, dass sich 85% der Bevölkerung wünschen, dass auch weiterhin nach dem Reinheitsgebot gebraut wird.
Feierlichkeiten
Es gibt also genügend Gründe, den runden Geburtstag zu feiern. In Bayern gibt es einige große und unzählige kleine Feste. Begleitet werden diese durch verschiedene Ausstellungen zum Thema Bier.
In Ingolstadt, der Geburtsstadt des Reinheitsgebots, wird vom 22. bis 24. April mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm gefeiert, zu dem sich die gesamte deutsche Brauwirtschaft trifft. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zu den Feierlichkeiten eingeladen.
In der bayrischen Landeshauptstadt wird vom 22. bis 24. Juli gefeiert. Dann versammeln sich 125 Brauereien im Herzen von München. Und auch auf dem Bayerischen Zentral- Landwirtschaftsfest, das parallel zum Oktoberfest stattfindet, hat das Reinheitsgebot einen besonderen Platz.
Und jetzt gehe auch ich zum Feiern. Natürlich mit meinem Lieblingsbier aus München.
Alles Gute zum Geburtstag Reinheitsgebot!
Prost!